Diagnose

Grundlage jeder kieferorthopädischen Behandlung

Erstuntersuchung

Erstuntersuchung, um einen Überblick über die Zahn- und Kiefersituation zu erhalten und die Notwendigkeit und den Umfang einer Behandlung einzuschätzen.

Röntgenaufnahmen

Verschiedene Röntgenaufnahmen, um die Position der Zähne zueinander und zum Kieferknochen sowie die Lage der Kieferbasen zueinander zu bestimmen und die Fehlstellung individuell zu vermessen.

Handwurzelaufnahme

Bei Bedarf: Aufnahmen der Handwurzelknochen bei Kindern, um das voraussichtliche Ende des Wachstums zu bestimmen.

Fotoanalyse

Die Fotoanalyse, um festzustellen, wie sich die Fehlstellung auf das Aussehen auswirkt, und zur Dokumentation des Behandlungsverlaufs.

Modellanalyse

Die Modellanalyse, um präzise Aussagen über die Zahnbewegungen und den Zusammenbiss zu erhalten.

Kiefergelenkanalyse

Eine Kiefergelenkanalyse, um zu prüfen, ob die Kiefergelenksbewegungen harmonisch verlaufen, und um Funktionsstörungen vorzubeugen.

Erstuntersuchung

Die Erstuntersuchung dient dazu, die Fehlstellung einzuordnen und den Behandlungsbedarf sowie den Behandlungszeitpunkt abzuschätzen. Sie verläuft in mehreren Schritten. Anschließend werden Sie zu dem Ergebnis der Untersuchung beraten.

1. Anamnese
Im Rahmen der Erstuntersuchung wird die Anamnese (Krankengeschichte) erhoben, d. h. es wird versucht, die Ursachen der Zahn- und Kieferfehlstellung zu bestimmen. Dazu füllen Sie einen Anamnesebogen aus, auf dem unter anderem nach Vorerkrankungen gefragt wird. Es wird z. B. erfasst, ob vererbte Fehlstellungen in der Familie vorkommen, das Kind ungünstige Angewohnheiten wie Daumenlutschen hat oder frühzeitig Milchzähne gefehlt haben. Bei Erwachsenen wird unter anderem danach gefragt, ob sich die Zähne nach einer Korrektur im Kindesalter wieder verschoben haben oder welche Korrektur durchgeführt wurde. Anschließend besprechen wir Ihre Angaben.

2. Entwicklungsstand (bei Kindern)
Für den Erfolg der kieferorthopädischen Behandlung bei Kindern ist es unter anderem wichtig, dass das Kind motiviert ist, seine Zahnspange ausreichend lange zu tragen. Daher wird die körperliche und geistige Reife des Kindes festgestellt. Gelegentlich ist eine weitere Untersuchung beim Kinderarzt sinnvoll.

3. Extraorale Untersuchung
Bei der extraoralen Untersuchung geht es um das Aussehen des Gesichts. Beurteilt werden:

Form von Schädel und Gesicht
Die Form von Schädel und Gesicht lässt erste Rückschlüsse auf eine mögliche Fehlstellung und Behandlungsoptionen zu. Beispielsweise kann eine schmale Gesichtsform mit einem schmalen Kiefer einhergehen.

Gesichtsasymmetrien – Auswirkungen auf Nase, Kinn, Lippen
Viele Fehlstellungen wirken sich auf die Gesichtsform aus. Beispielsweise ist bei einem Vorbiss (Mandibuläre Prognathie) das Kinn oft zu markant. Das Gesicht kann streng wirken. Bei einem Kreuzbiss wiederum kann das Wachstum einer Hälfte des Unterkiefers gehemmt sein. Dadurch entsteht eine Asymmetrie: Das Gesicht wirkt nicht gleichmäßig. Auch Nasen- und Lippenform werden von der Kiefer- und Zahnstellung ästhetisch beeinflusst.

4. Intraorale Untersuchung
Bei der intraoralen Untersuchung werden die Strukturen im Mund und die allgemeine Mundgesundheit in Augenschein genommen:

Zähne und Kieferknochen (Alveolarfortsatz)
Die Zähne und der zahntragende Teil des Kieferknochens, der Alveolarfortsatz, werden sorgfältig überprüft:

  • Der Zahnstatus – Welche Milchzähne sind bei Kindern noch vorhanden, welche bleibenden Zähne sind bereits hervorgekommen? Gibt es Füllungen? Bei Erwachsenen wird begutachtet, ob alle bleibenden Zähne erhalten sind und ob Zahnversorgungen, z. B. Kronen oder Brücken, angepasst wurden.
  • Die Zahnoberfläche – Wie sieht die Oberfläche der Zähne aus? Weist der Zahnschmelz Schäden (zum Beispiel Risse) oder Verfärbungen auf?
  • Karies – Liegt eine Karieserkrankung vor? Und wie weit ist sie bereits fortgeschritten? Dabei wird geprüft, ob zunächst nur der Zahnschmelz oder auch schon tiefere Bereiche des Zahns betroffen sind.
  • Lockerung der Zähne – Wenn ein Kind noch Milchzähne hat, wird getestet, ob und wie stark sie bereits wackeln. Ein Test auf Lockerung der Zähne wird bei Erwachsenen durchgeführt, wenn sie an einer Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparats) leiden oder der Zahn durch Überbelastung bzw. einen Unfall geschädigt worden ist.
  • Mundhygiene – Die Mundhygiene spielt für den Erfolg der kieferorthopädischen Therapie eine große Rolle. Schließlich sollen die Zähne nicht nur gerade stehen, sondern auch gesund bleiben. Daher wird die Pflege der Zähne und Zahnzwischenräume kontrolliert und gegebenenfalls optimiert.

Zahnfleisch

Das Zahnfleisch ist individuell unterschiedlich. Es kann eher dick und unempfindlich oder dünn und empfindlich sein. Dies kann eine Rolle bei der kieferorthopädischen Therapie spielen, denn sehr dichtes, dickes Zahnfleisch kann beispielsweise den Zahndurchbruch behindern.

Außerdem wird geprüft, ob eine Zahnfleischentzündung vorliegt. Sie entsteht meist, wenn bakterielle Beläge nicht ausreichend entfernt werden. Vor der Therapie wird Ihnen oder Ihrem Kind gezeigt, wie Sie die Zahnpflege verbessern können. Wenn bei Erwachsenen eine Parodontitis, eine Entzündung des Zahnhaltegewebes, vorliegt, muss diese erst vom Zahnarzt behandelt werden.

Gaumen

Asymmetrien entstehen unter anderem, wenn sich die Gaumenhälften unterschiedlich schnell entwickeln. Dafür können z. B. ein Kreuzbiss oder verlagerte Zähne verantwortlich sein. Verlagerte Zähne lassen sich bei der Untersuchung des Gaumens ebenfalls oft erkennen, z. B. als Vorwölbungen im Bereich der oberen Eckzähne.
Bei Kindern werden außerdem die Mandeln kontrolliert. Wenn sie sehr groß sind, können sie die Nasenatmung stark erschweren. In diesem Fall ist eine weitere Untersuchung beim HNO-Arzt sinnvoll.

Lippenbändchen

Wenn Lippenbändchen zu tief ansetzen, können sie zu einer Lücke zwischen den mittleren Schneidezähnen im Oberkiefer führen (Diastema). In diesem Fall ist es meist notwendig, das Bändchen zu durchtrennen.

Zunge

Unter anderem werden die Größe, die Lage im Mund und die Beweglichkeit der Zunge untersucht. Wenn die Zunge unbeweglicher ist als gewöhnlich, liegt dies häufig daran, dass das Zungenbändchen zu weit vorne ansetzt. Es sollte eventuell durchtrennt werden.

Röntgen

die individuelle Fehlstellung vermessen zu können, sind Röntgenaufnahmen notwendig:

eine Panoramaaufnahme der gesamten Zähne im Ober- und Unterkiefer
ein Fern-Röntgen-Seitenbild, eine Aufnahme der Zähne und Kiefer von der Seite
bei Jugendlichen gelegentlich eine Handwurzelaufnahme, um das Wachstumsende abschätzen zu können
Wenn Ihr Zahnarzt vor kurzem bereits Röntgenbilder aufgenommen hat, sollten Sie diese gegebenenfalls in Kopie mitbringen. Sie können teilweise verwendet und Doppelaufnahmen somit vermieden werden.

Handwurzelaufnahme

Reichen die Anhaltspunkte nicht aus, um das Ende des Wachstums zu bestimmen, wird zusätzlich ein Röntgenbild der Handwurzel erstellt. Anhand dieser Aufnahme beurteilt Ihr Kieferorthopäde den Verknöcherungsgrad der Gelenkfugen der Hand.

Dieser Verknöcherungsgrad gibt Aufschluss darüber, wann das Wachstum der Hand abgeschlossen sein wird. Da sich alle Knochen im Körper ähnlich entwickeln, lässt sich so relativ genau bestimmen, zu welchem Zeitpunkt der Kiefer bzw. der gesamte Körper ausgewachsen ist.

Fotoanalyse

Die Fotoanalyse ist wichtig, um die Auswirkungen der Fehlstellung auf das Aussehen der Zahnreihen und des Gesichts zu beurteilen. Sie dient außerdem dazu, ästhetische Aspekte in die Therapieplanung einzubeziehen.

Die Fotoanalyse wird vor Beginn und nach Abschluss der kieferorthopädischen Therapie durchgeführt. Gelegentlich werden auch während der Behandlung Fotos aufgenommen, um die Fortschritte zu überprüfen und den Therapieplan gegebenenfalls anzupassen.

In den meisten Fällen werden folgende Fotos angefertigt:

Extraorale Fotos

Das sind Aufnahmen des Gesichts von außen:

  • Aufnahmen von vorne mit ernstem Gesicht
  • Profilaufnahmen von der Seite
  • Aufnahmen von vorne, während der Patient lächelt

Die ersten beiden Aufnahmen dienen dazu, den Zusammenhang zwischen der Fehlstellung und den Gesichtskonturen zu erfassen: Auf der Aufnahme mit ernstem Gesicht ist zu sehen, ob das Gesicht symmetrisch ist. Auf der Profilaufnahme ist zu erkennen, wie sich beispielsweise eine Kieferfehlstellung auf das Gesichtsprofil auswirkt.

Die Aufnahme, bei der der Patient lächelt, wird gemacht, um Auswirkungen der Therapie auf das Lächeln zu berücksichtigen. Dabei wird besonders auf zwei Details geachtet:

Die Lachlinie
Die Lachlinie beschreibt den Schwung der Frontzähne im Verhältnis zum Bogen der Unterlippe. Bei einem als besonders ästhetisch empfundenen Lächeln verläuft der Bogen der Frontzähne nach außen gewölbt und ungefähr parallel zur Unterlippe. Die Berücksichtigung der Lachlinie ist wichtig bei der Planung der Korrektur der Schneidezähne.

Bukkalkorridor
Der Bukkalkorridor ist der Bereich zwischen Wange und Seitenzähnen. Beim Lächeln ist er als Schattenzone (dunkler Bereich) sichtbar. Ist er zu klein, sehen die Zähne zu groß aus. Der Bukkalkorridor ermöglicht Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen Zahnbogen und Gesichtsbreite. Er wird bei der Planung der kieferorthopädischen Therapie berücksichtigt.

Intraorale Fotos

Intraorale Fotos sind Aufnahmen im Mund. Fotografiert werden dabei jeweils:

  • der obere und untere Zahnbogen
  • der Zusammenbiss der Backenzähne auf beiden Seiten
  • der Zusammenbiss der Schneidezähne

Modellanalyse

Für die Analyse der Kiefer- und Zahnfehlstellung und die Planung der Behandlungsschritte sind Kiefermodelle sehr wichtig. Sie werden vor jeder Therapie angefertigt. Während der Behandlung dient meist ein zusätzliches Kiefermodell zur Kontrolle der Fortschritte und Überprüfung des Therapieplans. Nach Abschluss der Behandlung wird das Ergebnis mit einem weiteren Kiefermodell dokumentiert.

So werden die Kiefermodelle hergestellt

Um ein Modell von Ober- und Unterkiefer erstellen zu können, werden zunächst mit einer speziellen Abformmasse (Alginat) zwei Abdrücke genommen. Die beiden Abdrücke von Ober- und Unterkiefer werden im Labor mit Spezialgips ausgegossen.

Um das Oberkiefer- und Unterkiefermodell in die richtige Lage zueinander bringen zu können, wird ein Abdruck des Zusammenbisses der Zähne im Ober- und Unterkiefer genommen. Der Patient beißt dazu beispielsweise auf eine beidseitig beschichtete Wachsplatte, die zwischen die fertigen Hälften des Modells gelegt wird. Sie ermöglicht es, die beiden Hälften räumlich genauso anzuordnen, wie Ober- und Unterkiefer des Patienten zueinander stehen.

Das wird an den Modellen gemessen

An dem Gipsmodell können Zähne und Kiefer dreidimensional vermessen werden. Das ist eine wichtige Ergänzung zu den zweidimensionalen Röntgenbildern. Die Front- und Seitenzähne werden dabei getrennt voneinander untersucht. Die Messungen werden in Millimetern notiert. Zum Vergleich dienen statistische Normalwerte von Kindern des entsprechenden Alters bzw. Erwachsenen.

Wichtig sind folgende Messwerte:

  • Wie lang und breit sind die Kieferbögen?
  • Wie breit sind die Zähne?
  • Wo und wie beißen die Zähne aufeinander?
  • Wie ist das Verhältnis von Zahngröße zur Kiefergröße? Liegt zum Beispiel ein Platzmangel vor?
  • Sind einzelne Zähne aus dem Zahnbogen verschoben?
  • Gibt es Asymmetrien, z. B. der beiden Kiefer zueinander? Weicht die Mittellinie ab? Das ist die Linie zwischen den mittleren Schneidezähnen im Ober- und im Unterkiefer.

Kiefergelenkanalyse

Eine Zahn- oder Kieferfehlstellung beeinträchtigt in den meisten Fällen nicht nur Ihr Lächeln: Sind die Zähne schief und ist der Zusammenbiss (Okklusion) gestört, hat dies Auswirkungen auf viele weitere Bereich des Körpers: Neben Kiefergelenksknacken, Kopf-, Rücken-, Gesichts- und Kiefergelenksschmerzen sind auch Haltungsschäden oder sogar ein Tinnitus mögliche Folgen.

Dieses vielfältige Beschwerdebild wird unter dem Begriff Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) zusammengefasst.

Liegt bei Ihnen bereits eine mehr oder weniger ausgeprägte Form der CMD vor, ist es unser Ziel, diese zu behandeln und Ihre Beschwerden zu lindern. Bei Bedarf ziehen wir verschiedene Fachkollegen aus dem Bereich der Physiotherapie oder Osteopathie hinzu, die uns dabei unterstützen, den richtigen Zusammenbiss und das Kräftegleichgewicht im Kausystem wiederherzustellen.

Durch eine kieferorthopädische Korrektur verändern wir die Position von Zähnen und Kiefer und damit auch den Zusammenbiss. Damit auch nach der Therapie Ihr Biss wieder optimal „passt“, arbeiten wir mit modernen funktionsdiagnostischen Verfahren und beziehen die Zusammenhänge zwischen Kausystem und dem gesamten Körper mit in die Behandlung ein.

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